
Schon seit einigen Monaten steigen die Preise für Schlachtkühe und Jungbullen an. Im Jahre 2001 – zum Hochpunkt der BSE-Krise (Rinderwahn) – lag der Preis für Altkühe bei EUR 2,- / kg Schlachtgewicht. Heute liegt der Preis für eine 300 kg-O-Kuh ca. bei EUR 6,- / kg Schlachtgewicht.
Die Ursachen für diese Entwicklung sind umfassend, die Folgen weitreichend:
Immer mehr deutsche Höfe geben ihren Betrieb auf
Immer mehr Landwirte geben ihre Betriebe auf: Neben dem demografischen Wandel mit fehlenden Hofnachfolgern bzw. Arbeitskräften, sind auch die Gülleproblematik, zahlreiche genehmigungsrechtliche Hürden bei Neubauten und Umstrukturierungen und vieles mehr der Grund, weshalb immer weniger Landwirte bereit sind, ihren Hof weiterzuführen oder zu investieren. Bis vor ein paar Jahren konnten expandierende Betriebe die Kapazitäten der eher kleinen, aufgebenden Betriebe kompensieren. Doch das Volumen wegfallender Höfe und Tiere ist heute weitaus größer, denn pro Jahr fallen grob hochgerechnet ca. 100.000 Milchkühe weg. Die Anzahl an Schlachtbullen lag Mitte Mai ca. 7,8 %, die Anzahl an Schlachtkühen ca. 5,1 % unter dem Vorjahresniveau.
Große Nachfrage bei weniger Angebot an Rindfleisch
Gerade für verarbeitete Fleischprodukte wie Burgerpatties ist das Fleisch der Kühe (nach wie vor) sehr begehrt. Bullenfleisch dahingegen ist vor allem für die Verwertung der Edelteile wie Filet und Roastbeef gefragt. Politische Entwicklungen und Handlungen (u. a. in Hinblick auf den Klimaschutz) sorgen jedoch dafür, dass europaweit massenhaft Tiere geschlachtet wurden und werden, um die Tierproduktion weiter zu verringern, sodass gewisse Werte (z.B. Phosphorquote, Stickstoff) eingehalten werden. Die Rindviehhaltung geht also nicht nur deutschland-, sondern auch europa-, gar weltweit zurück. Im Vergleich zur EU ist Rindfleisch beispielsweise in Kanada und in den USA noch viel teurer.
Aufwand zur Erfüllung der Anforderungen der höheren Haltungsformen
Hinzu kommt: Durch den angestrebten Umstieg des deutschen Lebensmitteleinzelhandels größtenteils komplett auf die Haltungsformen 3 und 4 wird die Preisentwicklung weiter angeheizt. Die Umstellung der Höfe und Produzenten, um die Anforderungen dieser Haltungsformen zu erfüllen, ist mit hohem Aufwand und hohen Kosten verbunden. In vielen Milchviehbetrieben lässt sich die Umrüstung noch relativ einfach bewältigen, die Haltung von Bullen jedoch an die neuen Anforderungen (u. a. ein höheres Platzangebot für die Tiere) anzugleichen hat Einbußen der Produktionskapazitäten zur Folge. Verständlich also, dass viele Betriebe ihre (wirtschaftliche) Zukunftsfähigkeit in Frage stellen und mit dem Gedanken spielen, die Bullenmast ganz einzustellen.
Schlachtbetriebe vor großen Herausforderungen
Rinderschlachtbetriebe stehen auf der einen Seite vor der Herausforderung, ihren Kunden die ständig höheren Verkaufspreise erklären zu müssen und auf der anderen Seite vor dem Problem, dass das zu geringe Schlachtviehangebot nicht ihre Kapazitäten auslastet. Dies hat einen massiven Anstieg der Schlacht- und Zerlegekosten zur Folge. Eine Reduktion der Schlachtzahlen würde jedoch bedeuten, dass die Arbeitskräfte davon laufen könnten, wenn sie ihre Arbeitsstunden nicht mehr voll bekommen – ein Riesendilemma.
Höhere Preise – geringere Kaufbereitschaft beim Verbraucher
Die deutlich gestiegenen Preise für Rindfleischprodukte – lt. AMI (Agrarmarkt Informations-Gesellschaft) lagen die Preise im April 2025 auf Höchststand bei EUR 13,84 / kg – sorgen beim Verbraucher, der ja auch mit der Inflation anderweitig erhöhten Ausgaben konfrontiert ist, für Kaufzurückhaltung. Aufgrund des hohen Preises werden Rindfleischprodukte, vor allem die Edelteile, auch immer weniger beworben.
Zwischenfazit und Prognose
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Rindfleischpreise in den kommenden Monaten wieder sinken, ist gering: Voraussichtlich werden Jungbullen und Schlachtkühe in den kommenden zwei Jahren knapp bleiben, der Konsum von Kalb- und Rindfleisch weiter sinken / sich in Richtung Geflügelfleisch verlagern. Es hat sich nach wie vor noch kein Gleichgewicht zwischen den Erlösen für die Rinderhalter und den Verkaufspreisen im Einzelhandel oder im Restaurant eingestellt. Vermutlich wird es für zahlreiche Rinderschlachtunternehmen sehr schwierig, die niedrigere Auslastung bei rückläufigen Verkäufen durchzuhalten.
Quelle: Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben, 22/2025, Dr. Frank Greshake (https://www.wochenblatt.com/heft/landwirtschaft/politik-und-aktuelles/preise-im-hoehenrausch-29533.html)
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